2019

schickt werden konnten. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Die Frauen müssen selbstständig sein, frei und kreativ handeln können – in allen Strukturen – und wir müssen sie dabei unterstützen. Die Armutsfrage Afrikas ist nicht ohne die Frauen zu beantworten. Denn wenn sich die Frauen, wie unsere Ordensschwestern, nicht der Armut und Not annehmen würden, wäre die Welt ein großes Stück kälter.“ Auch ohne einen christlichmotivierten Hintergrund sind zunehmend Frauen in verantwortlicher Position in der humanitären Arbeit aktiv. Ein Beispiel ist Katharina Witkowski, die derzeit das Team West- afrika für die Abteilung Internationale Zusammenarbeit für Plan International Deutschland leitet. Zuvor war sie in zahlreichen Kri- sengebieten als humanitäre Helferin tätig und arbeitete als Nothil- fekoordinatorin im gefährlichen Nordostnigeria, um dort Bildungs- projekte wie mobile Schulen oder Programme gegen Gewalt zum Schutz von Mädchen und Frauen umzusetzen. Diese können sich zum Beispiel nach einer Vergewaltigung kaum an Männer wenden. Noch ein anderer Aspekt ist wichtig: eine gewisse Vorbildfunktion. Die mitarbeitenden Frauen im Projekt fanden es sehr motivierend, eine Frau als Leiterin der Nothilfe vor Ort zu haben. Eine nigeriani- sche Kollegin sagte zu ihr: „Katharina, in Deutschland bist du eine Frau, aber in Nigeria bist du ein Mann!“ Witkowski ist stolz darauf: „Noch heute bekomme ich Nachrichten von meinen Mitarbeiterin- nen aus Nigeria. Sie sagen, dass ich ihnen beigebracht habe, stark zu sein und mitbestimmen zu dürfen.“ Allerdings sei es trotzdem schwer, gerade mit Menschen zu verhandeln, die lieber einen Mann als Gesprächspartner hätten. „Frauen werden in vielen Ländern der Welt immer noch als Menschen zweiter Klasse angesehen.“ Ein Kampf für mehr Sicherheit Auch die Kindernothilfe e.V. will mit Programmschwerpunkten ge- zielt Mädchen und Frauen helfen, da diese in den meisten Ländern des globalen Südens nach wie vor stärker benachteiligt sind. Sie lei- den auch häufig unter einer Mehrfachdiskriminierung. Dementspre- chend sind viele Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit so ausgerichtet, dass sie die Rechte von Frauen und Mädchen besonders stärken. „Generell unterstützen wir den Ansatz, Zielgruppen in der Projektplanung und Projektdurchführung partizipieren zu lassen“, erklärt Debora Janknecht, Programme Managerin für Ost-Afrika bei der Kindernothilfe. „Wenn es um die Belange von Mädchen und Frau- en geht, ist es sehr wichtig, ihre Perspektiven in der Projektplanung und Durchführung zu berücksichtigen, damit das Projekt auch die tatsächlichen Ursachen der jeweiligen Rechtsverletzungen angeht. Zudem fällt es Mädchen und Frauen oft leichter, sich einem gleichge- schlechtlichen Gegenüber zu öffnen, wenn es um sensible Themen wie zu Beispiel sexuelle Gewalt geht. Dies gilt umgekehrt natürlich auch für Jungen und Männer.“ « Fotos: FAIR SHARE of Women Leaders, Plan International e.V. Kindernothilfe e.V., Missionszemtrale der Franziskaner Wenn in Projekten Mädchen und Frauen Zielgruppe sind, dann ist es wichtig, ihre Perspektiven bei der Projektplanung zu berücksichtigen Alle Frauen, auch humanitäre Helferinnen und Projektverantwort- liche, sind anderen Risiken bei der Arbeit ausgesetzt als Männer. Witkowski: „Es kommt sehr oft zu sexuellen Übergriffen auf Frauen in Krisenregionen. Wir können uns in der Dunkelheit in der Regel nicht mehr auf der Straße bewegen, sind also wesentlich einge- schränkter vor Ort.“ Allein im Ostkongo werden jeden Monat 67 von 1.000 Frauen Opfer massiver sexueller Gewalt. 15 kämpferische Krankenschwestern gründeten deshalb im Jahr 2000 das Pro- jekt FEPSI. „Wir konnten es nicht mehr ertragen, dass eine Gesellschaft, dass die ganze Welt wegschaut“, denkt Ma- rie Dolorose Masika-Kafanya an die Gründungszeit zurück. Kurz danach eröffneten sie das „Centre Hospitalier FEPSI“ in Butembo, das vergewaltigten Frauen medizinische und psycholo- gische Hilfe anbietet. Heute zählt es 63 Betten, 57 Angestellte und 125 Vertrauensleute, die FEPSI in den Dörfern bekannt machen. Natürlich könnten sie die politische Situation nicht ändern, das müssten andere tun, doch „wenn eine Frau trotz all der Gewalt und des Grauens, die sie erlebt hat, nach ein paar Tagen im FEPSI- Hospital wieder lächelt“, sei das „der schönste Moment“, für den Marie Dolorose jeden Tag von Neuem kämpft. Karen Cop Frauen gelten in vielen Ländern noch immer als Menschen zweiter Klasse Pater Matthias Maier hat sehr gute Erfahrungen damit gemacht, Ordensfrauen die Leitung über Projekte zu überlassen 14 | Entwicklung

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